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Barrierefreiheit – Wen betrifft das?

Barrierefreiheit ist unverzichtbar für Menschen mit Behinderungen. Dabei sind nicht immer nur die rund 50.000 Rollstuhlfahrer gemeint. In Österreich leben auch gut 10.000 Menschen die blind sind, 10.000 Gehörlose und etliche Personen mit schweren nervlichen Problemen oder Lernschwierigkeiten.

Notwendig ist Barrierefreiheit aber auch für junge Familien mit Kinderwagen, eingeschränkte Personen nach einem Unfall oder die "Generation 70plus".

Barrierefreiheit ist zusammenfassend sicherlich ein Komfortgewinn für alle!

Barrierefreiheit nützt allen! Das wird nicht immer gleich erkannt, bei näherer Betrachtung wird aber rasch klar: Auf Barrieren stößt früher oder später jede(r) – es geht lediglich um Art, Umfang und Dauer der Betroffenheit. Permanente Behinderungen, vorübergehende Beeinträchtigungen etwa nach Unfällen oder schlicht Veränderungen, die das Älterwerden mit sich bringen. Je nach Lebenslage kann man rasch vor großen oder kleinen Barrieren stehen. Viele davon wären auch vermeidbar.

 

Unverzichtbar für Menschen mit Behinderungen

Unverzichtbar ist Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen. Auswirkungen nicht vorübergehender körperlicher, geistiger oder psychischer Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen der Sinnesfunktionen erschweren ihnen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft enorm. Wer hier nur an Rollstuhlfahrer denkt, verkennt die Lage. Körperliche Behinderungen, Sinnesbehinderungen (Blindheit, Schwerhörigkeit, etc.), Sprachbehinderungen, psychische (seelische) Behinderungen sowie kognitive Behinderungen einschließlich Lernbehinderungen umfassen eine weitaus größere Gruppe an Personen. Denn die 50.000 österreichischen RollstuhlbenutzerInnen zählen zu 1 Million Menschen mit Bewegungseinschränkungen. 300.000 ÖsterreicherInnen leben mit einer Sehbehinderung, 10.000 davon sind blind. Je 200.000 Menschen haben eine Hörbehinderung oder seelische bzw. nervliche Probleme. 100.000 ÖsterreicherInnen haben Lernschwierigkeiten.

Rund ein Fünftel der Bevölkerung Österreichs - das sind 1,7 Mio. Menschen – gab im Rahmen einer Umfrage (Mikrozensus 2007, Statistik Austria) über sich selbst an, dass sie dauerhaft gesundheitlich eingeschränkt sind. Davon sind 600.000 Menschen von schweren Einschränkungen betroffen. Für sie ist ein selbstbestimmtes Leben nur in einer barrierefreien Umwelt möglich. Barrierefreiheit wird oft auf physische - also bauliche Aspekte reduziert. Hier liegen auch die meisten Standards und Normen vor. Daneben sind aber auch die kommunikative, die intellektuelle und die soziale Barrierefreiheit nicht zu vernachlässigen.

Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie Hilfsmittel Hindernisse und Gefahren für Menschen mit Behinderungen beseitigen. Induktive Höranlagen, optische Feuermelder oder der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern bei Veranstaltungen oder in Kurzfilmen gehören ebenso dazu, wie taktile Leitsysteme, akustische Ampelsignale oder tastbare Pläne. Einfache Tipps wie die Einhaltung ausgeprägter Kontraste oder der Verzicht auf kleine Schriftgrößen helfen etwa Sehbeeinträchtigten, sind aber auch für Sehende praktisch. Leidvolle Erfahrungen machen blinde Menschen beispielsweise mit Drehtüren oder mit Verkehrszeichen und Briefkästen, die in Gehwege ragen. Diese können mit dem Blindenstock nicht erfasst werden und werden zur Falle. Etwas mehr Sensibilität dafür, wie Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen die Welt wahrnehmen und erleben, würde viele Probleme lösen oder erst gar nicht entstehen lassen. Sensibilisierungsworkshops oder sogenannte „barrierefreie Dorfbegehungen“ können hier wertvolle Einblicke und Erkenntnisse liefern.

 

Notwendig für rund 40% der Bevölkerung

Notwendig und hilfreich ist Barrierefreiheit für rund 40% der Bevölkerung. Denn zählt man zu der oben genannten Gruppe Menschen mit vorübergehenden Behinderungen, junge Familien mit Kinderwägen, Buggys und sonstigen Mobilitätshilfen und die „Generation 70plus“ hinzu, so spricht man rund 3,4 Mio. ÖsterreicherInnen an. Und der Blick auf die demografische Entwicklung des Landes zeigt: Österreich altert. Der Anteil der älteren Bevölkerungsgruppen steigt auch in den nächsten Jahrzehnten. Etwa 2030 wird ein Viertel der ÖsterreicherInnen 65 Jahre oder älter sein. Das bedeutet auch, dass jene Altersgruppen, denen eine barrierefreie Umgebung notwendige Vorteile bietet in absoluten Zahlen sowie als Anteil der Gesamtbevölkerung zunehmen.

Das östliche Weinviertel liegt hier durchaus im Trend: Anhand der aktuelle Bevölkerungspyramide lässt sich erkennen, dass die stärksten Jahrgänge heute (also 2015/2016) durch 45-55jährige repräsentiert werden. In 15-20 Jahren (also ca. 2030 bzw. 2035) wird diese Gruppe 65 Jahre oder älter sein. So steigt der Anteil der 65plus-jährigen auch in der LEADER Region Weinviertel Ost von heute 20 Prozent auf etwa 25 Prozent im Jahr 2035. In einer Gemeinde mit 1000 Einwohnern werden im Jahr 2035 daher im Schnitt 250 Personen 65 Jahre oder älter sein. Auch für junge Familien ist Barrierefreiheit eine deutliche Erleichterung. Daher stellt sich für Gemeinden zunehmend die Frage: „Warum eigentlich nicht barrierefrei?“

 

Ein Komfortgewinn für alle

Ein barrierefreier Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, klare und hürdenlose Wegeführungen und Leitsysteme, unkompliziert annehmbare Dienstleistungen sowie verständliche und übersichtlich aufbereitete Informationen kommen allen zugute. Je nach (momentaner) Lebenslage ist das eine oder andere auch notwendig oder unverzichtbar. Ein Komfortgewinn ist es immer!

Technische Umbauten wie Rampen oder Fahrstühle sind mögliche, manchmal auch notwendige Maßnahmen. Der Abbau von Barrieren kann und soll aber auch in vielen anderen Bereiche und auf verschiedenste - oft kostengünstige - Art und Weise erfolgen. Es gilt aufgeschlossen für die Bedürfnisse und Sichtweisen unterschiedlicher Gruppen zu sein und auf das Nicht-Offensichtliche aufmerksam zu werden.

Barrierefreiheit umsetzen bedeutet daher nicht nur die gesetzlichen Vorgaben des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes zu erfüllen. Es ist auch eine Möglichkeit die Lebensqualität für alle Bewohner und Gäste einer Region zu erhöhen. „Warum eigentlich nicht mehr Lebensqualität bieten?“

 

Wir danken Harald Fiedler, Ing. Alfred Luger und Mag. Eva-Maria Speta für ihre Beiträge zur Darstellung der vielfältigen Herausforderungen und Chancen zur Barrierefreiheit im Rahmen der Fachtagung „Abbau von Barrieren“ am 14. Juni 2016 im MAMUZ Mistelbach.

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